Fortbildung 2011
Erfahrungsbericht / Fortbildung in Königswinter am 15./16.11 2011
1. Tag der Fortbildung
Rufe ich gleich die Nummer 112 an, wenn Schüler mir im Beratungsgespräch von Selbstmordabsichten erzählen? Und in welchen Fällen 110?
Muss ich immer die Eltern informieren, auch wenn sie Teil des Problems sind?
Ab wann können Jugendliche eigenständig eine Psychotherapie beantragen?
In welchen Fällen muss ich das Jugendamt informieren?
...All diese Fragen, auf die man nicht unbedingt sofort eine Antwort parat hat, konnten auf der Fortbildung des Landesverbandes der Beratungslehrer/innen den beiden kompetenten Referenten gestellt werden und sie wurden fachkundig, klar und geduldig beantwortet.
Stephanie Schürmann und Axel Spengler, Psychologische Psychotherapeuten der Uniklinik Köln, spezialisiert auf Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, hielten abwechselnd außerordentlich spannende Vorträge über Ihre Arbeit.
Es ging z.B. um verschiedene psychische Krankheitsbilder, um die Frage, ab wann ist jemand "psychisch auffällig", auf welche Verhaltensweisen sollte ich als (Beratungs-)Lehrer achten, z. B. bei ADHS oder bei Selbstverletzendem Verhalten?
An welche Stellen kann ich Eltern verweisen, um Hilfe zu bekommen?
Was ist nochmal genau "Borderline"?
Für mich lautete nach diesem Tag das Fazit: Der Zeitfaktor ist bei psychischen Störungen entscheidend, denn wie man den Statistiken entnehmen kann, sind die Erfolgschancen für eine fachkundig durchgeführte Therapie umso größer, je früher Lehrer und Eltern Auffälligkeiten wahrnehmen und wirklich handeln. Aber worauf soll man achten? Gute Hinweise zu differenzierten Beobachtungsaspekten lieferten praxisnahe, unkomplizierte Hilfe für die gemeinsame Arbeit mit den Kollegen in einer Klasse.
Dass die beiden Referenten Ihren Beruf mit Engagement und ernsthafter Überzeugung ausüben, konnte man deutlich spüren, und es ist bereichernd (im Sinne des Abbaus von Vorurteilen) und auch beruhigend zu sehen, welche positiv gestimmten Menschen sich in einer Uniklinik mit psychisch gestörten Jugendlichen befassen.
Es ist nicht übertrieben: Alle teilnehmenden Beratungslehrer/innen hörten den ganzen Tag gebannt zu und niemand wollte irgendetwas verpassen.
2. Tag der Fortbildung
Störungsbilder
Thema des Vormittags war die vertiefende Beschäftigung mit einzelnen "Störungsbildern".
Stefanie Schürmann brachte die Teilnehmer durch ihren detaillierten und anschaulichen Vortrag auf den neuesten Stand der Forschung, etwa über Formen und Ursachen von ADHS. Dabei war ihre klinische Erfahrung besonders hilfreich, da sie die theoretischen Darstellungen immer wieder durch anschauliche Beispiele aus der klinischen Praxis ergänzen konnte. Dies machte es den TeilnehmerInnen leicht, sich in die psychischen Probleme der beschriebenen Kinder und Jugendlichen einzufühlen und deren schwierige Situation zu verstehen. Sehr interessant und handlungsbezogen waren auch die Informationen über Medikamente, deren Wirkungen und Nebenwirkungen.
Nach Referenten- und Themenwechsel:
Axel Spengler informierte zu Beginn über selbstverletzendes Verhalten, das es kein eigenes Störungsbild darstellt, sondern als Begleiterscheinung bei anderen psychischen Störungen auftritt, wie bei Borderline oder Depression und das diese Störungsbilder in den Schulen deutlich zunimmen.
Der erfahrene Praktiker mit langer klinischer Erfahrung stellte anschaulich und engagiert die Verbindung her zwischen wissenschaftlicher Forschung, den in der Psychotherapie betreuten Jugendlichen und schulischen Handlungsmöglichkeiten. Auf Wunsch der (unermüdlichen) TeilnehmerInnen wurden die Themen Sucht, Amok, Schizophrenie, Affektive Störungen und Autismus noch mit einbezogen. Auch hier müssen Lehrerinnen und Lehrer inzwischen kompetent und handlungsfähig sein.
Dazu leistete die Fortbildung einen wirkungsvollen Beitrag, wie im Feedback der Veranstaltung noch einmal deutlich wurde.
Von: Sabine Schramm und Georg Reinwald